Conformal Coating Guide 2: Aushärtung, Entfernung und häufige Fehler

Conformal Coating

Im zweiten Teil der Beitragsreihe zum Conformal Coating erklären wir wichtige Aspekte rund um den Aushärtungsprozess, die Entfernung der Beschichtung zu Reperaturzwecken und das Erkennen von häufig auftretenden Fehlern. 

Schon gelesen? Hier geht es zum ersten Teil des Conformal Coating Guides. Dort finden Sie Informationen rund um verschiedene Beschichtungsmaterialien, Auftragungs- und Messmethoden.

UV Curing

Aushärten

Von wenigen Sekunden bis zu mehreren Tagen: Bis die Beschichtung vollständig ausgehärtet und belastbar ist, kann je nach verwendetem Material, Technik und Dicke der Beschichtung unterschiedlich viel Zeit vergehen. Nachfolgend erfahren Sie mehr über die gängigsten Aushärtemethoden.

Verdunstung

Bei dieser Methode verdunstet der flüssige Trägerstoff und hinterlässt das Beschichtungsmaterial. Der Trägerstoff ist meist wasser- oder lösungsmittelbasiert, wobei beide Methoden mit Vor- und Nachteilen einhergehen. Der schnelleren Aushärtung und geringen Feuchtigkeitsempfindlichkeit bei der Verwendung von Lösungsmitteln steht eine erhöhte Flammbarkeit gegenüber, die bei der Fertigung berücksichtigt werden muss.

Feuchtigkeitsaushärtend

Hier reagiert das Beschichtungsmaterial mit der Umgebungsfeuchtigkeit und formt eine Polymerbeschichtung. Diese Aushärtemethode findet sich vor allem bei Silikon- und Urethanbeschichtungen. Häufig wird dieses Verfahren mit der obengenannten Verdunstungsmethode verbunden, wobei das Lösungsmittel verdampft und die dabei entstehende Feuchtigkeit die Aushärtung beschleunigt.

Warmhärtend

Diese Methode kann alleinstehend oder in Verbindung mit den anderen Methoden verwendet werden. Die Zugabe von Hitze beschleunigt den Aushärteprozess, das kann wichtig sein, wenn eine andere Methode nicht den Aushärtespezifikationen gerecht wird. 
Es muss jedoch geprüft werden, ob die Leiterplatte die Hitze aushält.

UV-Cure

Mittels ultraviolettem Licht wird eine sehr schnelle Aushärtung erzielt. Für diese Methode werden keine Lösungsmittel verwendet. 
Für Bereiche, die vom UV-Licht nicht erfasst werden können, muss eine zweite Methode eingesetzt werden.
Die Beschichtung ist aufgrund ihrer Materialeigenschaften schwieriger zu reparieren bzw. nachzuarbeiten und spezielles Schutzequipment für Mitarbeiter ist notwendig, um vor UV-Strahlung zu schützen.
 
Wenn Sie wissen möchten, wie Sie Ihren UV-Aushärteofen einstellen können, lesen Sie unseren Beitrag hier.
Leiterplattenreperatur mit Lötkolben

Entfernung

Muss die Beschichtung zu Reparaturzwecken oder aus anderen Gründen entfernt werden, steht verschiedene Methoden zur Verfügung. Das sind unter anderem:

Lösungsmittel

Mit Hilfe eines Lösungsmittels können viele Beschichtungen entfernt werden. Für diese Methode muss jedoch sichergestellt werden, dass die Leiterplatte nicht vom Lösungsmittel beschädigt wird. Am besten funktioniert diese Entfernungsmethode mit Acrylbeschichtungen. Dagegen sind Epoxid-, Urethan- und Silikonbeschichtungen schwieriger damit zu entfernen. Überhaupt nicht mit Lösungsmitteln entfernbar sind Parylenbeschichtungen.

Abziehen

Manche Beschichtungen können einfach von der Leiterplatte “abgezogen” werden. Das ist vor allem bei flexiblen Beschichtungen wie Silikon und einigen anderen möglich.
 

Durchschmelzen

Bei dieser Methode wird die Beschichtung mit einem Lötkolben geschmolzen. So können punktuelle Reparaturen und Nacharbeiten durchgeführt werden. Diese Methode funktioniert bei den meisten Beschichtungen.
Es muss jedoch geprüft werden, ob die Leiterplatte die Hitze aushält.

Microblasting

Beim Microblasting wird die Beschichtung einem Strahl aus einem Luft- und Schleifmittelgemisch abgetragen. Mit dieser Methode können kleine Bereiche freigelegt werden. Häufige Anwendungen sind bei Parylen- und Epoxidbeschichtungen zu finden.

Abschleifen

Hier wird die Beschichtung abgeschliffen. Diese Methode ist besonders geeignet für harte Beschichtungen wie Parylen, Epoxid oder Polyurethan, sollte aber nur als letzter Ausweg betrachtet werden, da die Leiterplatte stark beschädigt werden kann.

Defekte Leiterplatte

Gewöhnliche Fehler

Diese Fehler treten beim Beschichtungsverfahren besonders häufig auf:

Entnetzung

Durch Kontamination mit einer anderen Substanz (häufig Lösungsmittelrückstände, Weichmacheröl, Formtrennmittel oder durch Fingerabdrücke).
Zu vermeiden ist dieser Fehler durch gründliche Reinigung vor der Beschichtung.

Delamination

Das Beschichtungsmaterial verliert die Haftung auf der Leiterplatte. Wird oft auch durch Verschmutzungen auf der Oberfläche erzeugt. Ein weiterer Grund kann eine zu schnelle Auftragung einer weiteren Beschichtung sein, sodass noch Lösungsmittelrückstände vorhanden sind.
 

Luftblasen

Kleinere Luftblasen entstehen meistens durch die Mischung der Beschichtung oder beim Sprühen. Auch beim Aufbürsten können Luftblasen entstehen, wenn zwischen mehreren Beschichtungen nicht genug Zeit verstrichen ist.

Blasenbildung und Hohlräume

Weitere Blasen können durch Lösungsmittel entstehen, die zwischen den Beschichtungslagen ausdampfen. Wenn eine Schicht zu dick ist oder der Aushärtungsprozess zu stark beschleunigt wird (durch Hitze), können die Dämpfe nicht durch die oberste Schicht austreten, wodurch Hohlräume in der Beschichtung entstehen.

Fischaugen

Fischaugen sind kleine runde Bereiche mit einer Erhöhung in der Mitte. Sie deuten auf eingeschlossenes Öl oder Wasser hin. Meistens entstehen sie durch Rückstände im Sprühsystem.

Orangenschaleneffekt

Bei diesem Fehler entsteht eine Orangenhaut-ähnliche Beschichtung, die durch mehrere Ursachen entsteht. Sie kann durch zu niedrigen Luftdruck beim Aufsprühen entstehen, wodurch die Beschichtung nicht ausreichend zerstäubt wird. Auch die Beimischung eines ungeeigneten Verdünnungsmittels mit zu hoher Viskosität kann zur Entstehung dieses Effekts führen, wodurch sich das Beschichtungsmaterial zu schnell ausbreitet, bevor es sich optimal verteilen konnte. Auch zu viele und zu nasse Beschichtungen können ursächlich sein.

Rissbildung

Bei diesem Fehler entstehen in der Beschichtung kleine bis lange Risse. Ein häufiger Grund hierfür sind eine zu dicke Beschichtung oder zu kurze Zeiten zwischen den Beschichtungsvorgängen. Auch eine zu hohe Temperatur im Aushärtungsverfahren kann ausschlaggebend sein. Vermieden werden kann dieser Fehler bei manchen Beschichtungen durch ein zweistufiges Vorgehen, bei dem zuerst mit niedrigerer Temperatur ausgehärtet wird und im Anschluss höhere Temperatur angewendet werden. So können Lösungsmittel optimal ausdampfen. 

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